Wohlfahrtsvereine und Sozialpolitik im deutschen Judentum

"Mizwot" steht im Judentum für Wohlfahrt und bedeutet, dass der Reiche zu guten Werken und Wohltätigkeit verpflichtet ist und der Bedürftige sich nehmen kann was er zum Leben braucht. Die Gaben richteten sich zunächst an die eigene Religionsgemeinschaft - in einer oft feindlichen Umwelt in der Juden diskriminiert wurden, war es wichtig sich gegenseitig zu unterstützen - wurde aber auch auf Andersgläubige ausgeweitet. Als Goldene Regel galt, dass etwa ein Zehntel des Einkommens der Armenpflege zufließen sollte, jedoch nicht mehr als ein Fünftel, um nicht selbst unterstützungsbedürftig zu werden.
Der durchreisende Fremde hatte Anspruch auf Unterstützung unabhängig davon, ob er zu Hause über reichlich Mittel verfüge oder nicht. Die Gaben bestanden aus Geld, Nahrung und Kleidung und mussten nicht zurückgezahlt werden. Das Geld wurde oft in zwei Büchsen in der Synagoge gesammelt. Die eine um zu nehmen und die andere um zu geben - beides anonym. Wohltätigkeit war zunächst die Aufgabe jedes einzelnen und auch der Gemeinde.

Das Engagement in der Wohltätigkeit war für viele bürgerliche Frauen auch die einzige Möglichkeit eine Tätigkeit außerhalb von Familie und Heim auszuüben. Für viele Frauen wurde dieses Engagement auch eine Lebensaufgabe.

Ein weiterer Aspekt war die Verbundenheit mit der Heimat, die man durch Wohltätigkeit zum Ausdruck brachte. So dienten z. B. Bürgerliche Stiftungen als Werkzeug im Kampf um gesellschaftliche und soziale Anerkennung. Dadurch dass Stiftungen den Namen des Stifters bzw. der Stifterin trugen wurde nach außen signalisiert, dass man sich als Teil der deutschen Gesellschaft verstand und auch Verantwortung übernahm.

Autorin: Kristina Vogel
Quellen:

Hering, Sabine (Hrsg.): Jüdische Wohlfahrt im Spiegel von Biographien, 2007
Lang, Susanne: Jüdische Frauen in Franken, unveröffentlichte Magisterarbeit (Volkskunde), 2003

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