Die Villa Dessauer und ihre BewohnerInnen


Carl Emanuel Dessauer ließ sich 1884/85 von dem Hannoveraner Architekten F. Geb die Villa Dessauer (Hainstraße 4a) erbauen. 1885 wurde sie mit einem glanzvollen Fest eingweiht. Die Villa - eine Mischung aus einem repräsentativen Adelspalais und einem auf Zweckmäßigkeit ausgerichteten Bürgerhaus - besaß den damals modernsten Komfort.

Als Vorbild für die Villa Dessauer diente vermutlich die von Kyllmann und Heyden erbaute Villa Amalia in Wuppertal-Elberfeld. Wie diese auch, besaß die Villa Dessauer z. B. einen zentralen Vorsaal, der in Höhe des Giebels mit Glas überdacht war. Durch den nachträglichen Einzug einer Decke ist heute vom Vorsaal aus das Glasdach leider nicht mehr zu sehen.
Kurz vor seinem Tod verkaufte der kinderlose C. E. Dessauer die Villa am 22.04.1907 an Eugen von Seefried. 1920 erwarb Philipp Neuburger die Villa Dessauer und teilte sie in 2 Wohnungen auf. Neuburger wohnte im 1. Stock.
Von 1929 bis 1941 wohnten Max Pretzfelder und seine Frau im 1. Stock der Villa Dessauer. Paul Pretzfelder, der Sohn, bekam in der Mansarde eine kleine Wohnung ausgebaut. Das Erdgeschoß wurde vermietet.

Schuhfabrik Gebr. Neuburger A.G.
Das von Philipp und Max Neuburger in Regensburg gegründete Unternehmen wurde 1910 nach Bamberg verlegt und in einem Fabrikneubau untergebracht. Hier begann die groß angelegte Produktion von Sandalen. Später wurden auch Lederstiefel hergestellt und die Massenproduktion von weißen Stoffschuhen mit Ledersohlen und Absätzen aufgenommen. Damenschuhe waren ab 1925 im Sortiment. 1927 fand die Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft statt. Die Hauptanteile lagen bei Philipp Neuburger, der 1934 starb, und seinem Schwiegersohn Siegmund Buxbaum. Die Nationalsozialisten zwangen die Familie 1938 zur Veräußerung ihrer Anteile. Zunächst ging die Firma an die Walter Tron AG. über, später an die Alpha Schuhe AG.
Die Witwe von Philipp Neuburger wurde 1942 ermordet. Die Produktion wurde 1994 eingestellt.

Schuhfabrik Pretzfelder & Riexinger AG
Gegründet wurde das Unternehmen 1902 von dem Lederhändler Heinrich Pretzfelder, seinem Sohn Max und dem Gerber Püls. Püls schied 1911 aus der Firma aus, seinen Platz nahm Riexinger ein. 1911 wurde in Altenkunstadt eine moderne Produktionsstätte errichtet. Paul, der Sohn Max Pretzfelders wurde Teilhaber.
1938 erzwangen die Nationalsozialisten von Familie Pretzfelder den Verkauf der Unternehmensanteile an eine Treuhandgesellschaft. Diese verkaufte die Firma an Otto Kreuch in Pirmasens.
Max Pretzfelder und seine Frau wurden 1942 ermordet. Paul Pretzfelder konnte vor den Nazis nach England flüchten. Nach dem Krieg erhielt er die Familienanteile der Schufabrik zurück. 1970 verkaufte Paul Pretzfelder seine Unternehmensanteile. Die Schuhfabrik produzierte noch bis 1990.

Von 1942 bis 1945 beschlagnahmte das Deutsche Reich die Villa Dessauer und nutzte das Gebäude für folgende Ämter: Finanzamt Bamberg Land, Dienststelle für die Einziehung von Vermögenswerten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm die Amerikanische Besatzungsmacht die Villa und ein Amerikahaus wurde eröffnet. Anschließend wurde Paul Pretzfelder, dem Sohn von Max Pretzfelder, die Villa zurückgegeben. Die Stadt Bamberg kaufte 1954 die Villa. Sie wurde anfänglich von unterschiedlichen städtischen Institutionen als Büro- oder Lagerraum genutzt. Seit 1987 ist sie Städtische Galerie mit einem wechselnden Ausstellungsangebot.

Quellen:
Stadtarchiv Bamberg (Hauskarte der Villa Dessauer)
http://www.bamberg.de/museum/

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Virtuelle Begehung der Villa Dessauer
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