Hopfenhandel

Der Hopfenanbau war die Nachfolgekultur des im 18. Jahrhundert gescheiterten Weinanbaus in Bamberg. Von den im Juni 1813 zugelassenen Juden in Bamberg war kein einziger als Hopfenhändler verzeichnet. Im Jahr 1836 wurde von der königlichen Regierung in Bamberg ein Hopfenmarkt verbrieft. 1846 musste Bamberg von dieser Bedeutung ein wenig an den neu gegründeten Hopfenumschlagplatz Nürnberg abtreten. Der Grund hierfür scheint der Versuch einer Marktordnungsänderung zu sein. Die königliche Regierung von Mittelfranken war mit ihrer Bestrebung, in den Hopfenhandel zugunsten nichtjüdischer Händler einzugreifen, jedoch nicht sonderlich erfolgreich. Der neue Hopfenumschlagplatz in Nürnberg lief dem in Bamberg zwar den Rang ab, war jedoch ebenso in jüdischen Händen. Bamberg blieb dennoch einer der bedeutendsten Umschlagplätze für fränkischen Hopfen. Erst 1846 traten die ersten jüdischen Hopfenhändler in Erscheinung. Im Bamberger Branchenverzeichnis von 1872 sind 76 Hopfenhandlungen verzeichnet, von denen 22 ihren Firmensitz in der Hain- oder in der Schützenstraße hatten. Bis auf zwei Neugründungen bestanden diese bereits vor dem Bau des Hainviertels. Vor dem Umzug dorthin konzentrierte sich der Hopfenhandel auf die Lange Straße und den Steinweg, beides sind alte Fernhandelsstraßen. Weitere Hopfenhändler waren über die mittelalterliche Altstadt verstreut. Die Umsiedlung aus der Altstadt ins Haingebiet fand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts statt. Ein Grund für diese Umsiedlung war ein gestiegener Platzbedarf, der in der engen Altstadt nicht mehr gewährleistet war. Bereits 1878 gab es mehr Hopfenhandlungen im Haingebiet als in der Altstadt. 1899 waren sogar noch Zuwächse dieser Branche in der Hainstraße, an der Promenade und in der dem Bahnhof nahe gelegenen Luitpoldstraße zu verzeichnen. 1862 wurde eine Hopfenmarktordnung erlassen, der zufolge von Oktober bis April jeweils am Dienstag und Donnerstag in der Waaghalle zu Bamberg ein Hopfenmarkt abgehalten werden durfte. Allerdings waren die Erträge des Hopfenanbaus in Bamberg zu gering und so mussten die Händler auf weitere Lieferanten zurückgreifen. Ausserdem kam der Hopfenanbau nach Mißernten 1893, 1901 und 1909 fast völlig zum Erliegen, woraufhin die Bamberger Händler ihren Hopfen vorwiegende aus dem Saazer Gebiet in Böhmen sowie aus dem Elsaß bezogen. Aufgrund ihrer Erfahrungen und Beziehungen vor 1861 hatten jüdische Händler in diesem Berufszweig entscheidende Vorteile. Dies dürfte der Grund gewesen sein, weshalb der Hopfenhandel Ende des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich in jüdischen Geschäftshänden lag. 1876 waren 110 Hopfenhandlungen gegründet worden, die meisten von jüdischen Geschäftsleuten. So ist verständlich, dass der Hopfenhandel um 1880 zu den bedeutendsten Gewerbezweigen Bambergs gerechnet werden durfte.

Der Wandel vom regional begrenzten zum weltweiten Hopfenhandel vollzog sich im Rahmen des technologischen Fortschritts. Im Zusammenhang mit Exportgeschäften hatten jüdische Händler Nichtjüdischen weitere bedeutende Vorteile. Neben den für Handelsreisende wichtigen Sprachkenntnissen dürften die internationalen Kontakte der jüdischen Händler von immenser Bedeutung gewesen sein. Auf Grund ihrer Stellung als eigentlich "staatenloses" Volk, pflegten jüdische Gemeinden seit jeher eine besonder Art der Verbundenheit und der gegenseitigen Untestützung. Jüdische Händler reisten von Gemeinde zu Gemeinde, wo sie stets eine sichere Unterkunft fanden. Sie sponnen schon früh ein Netz von Handeslposten in ganz Europa. Dies war eine Strategie, die ihnen eine relativ sichere Reise und im ausgehenden 19. Jahrhundert die nötigen Kontakte zu ausländischen Märkten sicherte. Ebenso verhielt es sich mit den Exportbeziehungen in die USA, die zu den wichtigsten Absatzmärkten oberfänkischen Hopfens und sogar von exportiertem Bier zählte. In verschiedenen Fällen nahmen bereits früher ausgewanderte Familienmitglieder den Betrieb der Auslandsfillialen in die Hände. Als Beispiel seien die Bamberger Firmen H. Strauss & Co sowie Moritz Rosenwald genannt, die beide bereits vor 1866 Agenturen in London bzw. New York unterhielten. Andere Hopfenhandlungen errichteten im Osten Niederlassungen. Die Firma Gustav Buxbaum bezog beispielsweise aus dem böhmischen Saaz Teile ihrer Hopfenlieferungen.

Die Bamberger Hopfenindustrie konnte nicht nur als "schätzenswerte Steuerkraft für Stadt und Land" gesehen werden, wie es in einem Artikel des "Bamberger Tagblatt" geschrieben stand, sondern bot auch die Grundlage für eine Reihe von Sekundärindustrien. Vom Hopfenhandel abhängig entstanden Firmen für den Bau von Verschwefelungsanlagen, von Darren, hydraulischen Pressen, Sack- und Büchsenfüllanlagen. Die Herstellung von Jutesäcken und Hopfenbüchsen boten weiterhin Arbeitsplätze für Bamberger Arbeiter. In einer besonderen Beziehung stand der Hopfenhandel zur Bamberger Mälzerei und den Brauereien, insbesondere zur Hofbräu A.G..

Als einer der den Hopfenhandel forcierenden Faktoren kann generell der Aufschwung der Bierproduktion gesehen werden. Mit steigender Bierproduktion stieg ebenso der Bedarf an veredeltem Hopfen. Der Bierausstoß stieg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts um das 20-Fache, während der Verbrauch im eigenen Land nur um das Dreifache anstieg.

Die Entwicklung der Hopfendarren

Das Verfahren, Hopfen haltbar zu machen, war bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt. Zum Zweck der Haltbarkeit wurde der Hopfen geschwefelt, danach auf Feuer gedörrt, hydraulisch gepresst und luftdicht verschlossen oder in Leinwand gepackt. Zu Beginn waren sich die Behörden Mittelfrankens über gesundheitliche Gefahren nicht im Klaren und verhängten von 1830 bis 1858 ein Hopfenschwefelverbot. Nachdem die anfänglichen gesundheitlichen Bedenken ausgeräumt waren, verbreitete sich dieses Verfahren sehr schnell. 1882 waren im Verzeichnis über Hopfenschwefeldarren 32 Anlagen in Bamberg zu finden, von denen mindestens 13 Schwefeldarren im Haingebiet angesiedelt waren. Im Jahr 1878 erließ der Stadtmagistrat in Bamberg erste Richtlinien für Hopfendarren nach dem Modell eines "Normalplans" aus Nürnberg. Erst sechs Jahre später, am 12. Februar 1884, erließ der Stadtmagistrat Bambergs eine "überarbeitete, endgültige Fassung von Normativ-Bestimmungen für die Anlage von Hopfentrocken- und Hopfenschwefeldarren"

Autor: Adrian Weber
Quellen:
Fichtl, Franz, Link, Stephan, May, Herbert, Schaible, Sylvia: Bambergs Wirtschaft Judenfrei, Collibri Verlag Bamberg 1998
Loebl, Herbert: Juden in Bamberg - Die Jahrzehnte vor dem Holocaust, Verlag Fränkischer Tag 1999