GESELLSCHAFT RESSOURCE

Der Drang nach kultureller Bildung war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter den bürgerlichen Klassen ein Bedürfnis. Da jedoch die in Bamberg bestehenden Vereine "Gesellschaft Harmonie" und "Gesellschaft Concordia" keine jüdischen Mitglieder aufnahmen, wurde 1826/1827 vom Rabbiner Samson Wolf Rosenfeld ein israelitischer Leseverein gegründet. Um die langen Winterabende im geselligen Kreise verbringen zu können, war der Leseverein von Oktober bis Mai aktiv.

Aus dem Leseverein entstand 1855 die Gesellschaft Ressource. In den Statuten stand unter §1 "Die Gesellschaft Ressource hat gesellige Unterhaltungen und Vergnügungen zum Zwecke....". Der Verein war allen Konfessionen offen. Als Mitglied wurde jeder aufgenommen, "der das 18. Lebensjahr zurückgelegt hat und gegen dessen sittlichen, ehrenhaften Charakter ein gegründeter Einwand nicht zu machen ist" .

Um 1877 erwarb der Verein das zuvor angemietete Anwesen Hainstraße 1. 1904 wurde auf dem Areal eine Doppelvilla, die der Architekt Johannes Kronfuß (Erbauer des Warenhauses Tietz und der Synagoge am heutigen Synagogenplatz) entwarf, erbaut. Ein vielfältiges kulturelles Angebot, wie z. B. Tanz, Theater, Kabarett, Leihbücherei und Film, wurde den Mitgliedern geboten. Auch für religiöse Feste standen die Räumlichkeiten zur Verfügung.

Das Vereinshaus der Gesellschaft Ressource wurde auch für andere Zwecke vermietet. So fand in Anwesenheit von Prinz Ludwig von Bayern im Juni 1912 die Jahresversammlung des "Vereins für die Hebung der Fluß- und Kanalschiffahrt" statt.
Während des 1. Weltkrieges wurde das Gesellschaftshaus als Lazarett umfunktioniert.

1934 beschlagnahmte die Bayerische Politische Polizei die Ressource. Das Gebäude wurde von der NSDAP als Parteizentrale missbraucht. Um Unterlagen zu vernichten setzte die NSDAP das Gebäude kurz vor Kriegsende in Brand. Das Material war teilweise jedoch im feuersicheren Keller gelagert und kam fast unversehrt in die Hände der amerikanischen Besatzungsbehörden.


Bis zur Beschlagnahmung der Ressource 1935 lebten u. a. die Familien Klestadt und Neumann in der Hainstr. 3. Nachdem die NSDAP die Gebäude Hainstr. 1+3 übernahmen, mussten beide Familien ihre Wohnungen verlassen.

Familie KLESTADT

Karl Klestadt, der 1882 in Geseke/Westfalen geboren wurde, war Lehrer und Oberkantor der Israelitischen Gemeinde in Bamberg. Verheiratet war Karl Klestadt mit Sophie Bernheimer. Die Beiden hatten 6 Kinder: Fritz, Hans, Ernst, Otto, Paul und Kurt. Die Söhne Paul, Kurt und Fritz engagierten sich im Theaterspiel und traten mehrmals in unterschiedlichen Rollen in der Ressource auf. Karl Klestadt verstarb 1930. Seine Frau Sophie wohnte weiterhin in der Hainstr. 3.

Fritz Klestadt wurde 1941 von Köln in das Ghetto Litzmannstadt deportiert und dort ermordet.
Sein Sohn Otto wurde 1942 von Nürnberg nach Izbica, Distrikt Lublin, deportiert. Sein weiteres Schicksal und die Umstände seiner Ermordung sind nicht bekannt.

Ernst Klestadt wurde 1941 von Bamberg nach Riga deportiert. Sein letzter bekannter Aufenthaltsort war das Lager Riga-Jungfernhof. Das weitere Schicksal und die Umstände seiner Ermordung sind nicht bekannt.

Paul Klestadt war mit Ilse, einer geborenen Levy, verheiratet. Die Eheleute lebten in Köln und wurden 1941 von dort nach Riga deportiert. Das weitere Schicksal und die Umstände ihrer Ermordung sind nicht bekannt.

Familie NEUMANN

Albert Neumann, geboren 1872, wohnte von 1933-1935 in der Hainstr. 3., er war Kaufmann und mit Ida Sondheimer verheiratet. Seine Frau verstarb bereits 1914. 1942 wurde Albert Neumann deportiert und in Treblinka ermordet.


Quellen:

Loebl, Herbert: Juden in Bamberg. Die Jahrzehnte vor dem Holocaust, Verlag Fränkischer Tag, Bamberg 1999

Mistele, Karl H.: Das Ende einer Gemeinde. Juden in Bamberg 1930-1942. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bamberg, herausgegeben im Auftrag der Stadt Bamberg von Robert Zink

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten, Kreisvereinigung Bamberg (Hrsg.): Ein etwas anderer Stadtplan und eine etwas andere Geschichte. Bamberg 1992

Verein zur Förderung der jüdischen Geschichte und Kultur Bambergs e. V. (Hrsg.): Gedenkbuch der jüdischen Bürger Bambergs, Erich Weiß Verlag, 2008

Stadtarchiv Bamberg C2 30250

 

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