5 Frauenporträs aus dem Historischen Museum Bamberg:

Historisches Museum Bamberg, Inv. Nr. 822 D
Babette Dessauer
Hans Kundmüller (zugeschrieben), 1880/85
Öl auf Leinwand

Der Hintergrund des Gemäldes ist dunkelbraun gehalten, nach oben hin hellt er sich auf.
Die Haltung der Babette Dessauer ist leicht gebeugt. Die rechte Schulter ist dem Betrachter zugewandt. Sie hält einen geschlossenen Fächer in beiden Händen.
Ihr Blick neigt sich zur rechten Seite und ihr Kopf ist leicht nach unten gerichtet. Durch diese Haltung wirkt sie unglücklich und traurig.
Babette Dessauer trägt ein dunkles, gestreiftes Kleid und darunter vermutlich ein Korsett. Zudem sind die Ärmel und der Kragen mit feinen Spitzen besetzt. Der Kragen ist hochgeschlossen und ein Schmuckverschluss ist daran befestigt. Sie trägt kleine Ohrringe und einen goldenen Ring am linken Ringfinger.
Die dargestellte Frau hat langes Haar, das zu einer strengen Frisur hochgesteckt ist, wobei der Pony nicht in die Hochsteckfrisur einbezogen ist.
Die Dargestellte hat eine helle Haut und sehr gepflegte Hände. Die geröteten Wangen lassen sie  gut genährt und gesund scheinen. Ihre Lippen wirken auf den Betrachter sehr verkniffen, als wolle sie etwas sagen - aber es ist ihr verboten. Babette Dessauer wirkt nicht lebensfroh auf dem Portrait, sie scheint eine vom Leben gezeichnete Frau zu sein.
Der Goldrahmen gibt dem Gemälde eine feste Begrenzung und ist sehr protzig. Das Bild wirkt hineingepresst.

 

Historisches Museum Bamberg, Inv. Nr. 1133

Betty Goldschmidt
Fr. Bruner, 1885
Öl auf Leinwand

Der Hintergrund ist dunkelbraun gehalten und hellt sich nach oben hin auf. Die stehende Betty Goldschmidt ist schräg zum Betrachter gewendet und sieht ihn an. In ihrer rechten Hand hält sie locker einen geschlossenen Fächer und mit der Linken rafft sie ihren Mantel nach oben. Betty Goldschmidt trägt ein glänzendes, blau-graues Seidenkleid mit Blumenaufdruck (Nelken), Spitzeneinsatz am Halsausschnitt und Spitzenrüschen an den Ärmeln. Unter dem eng anliegenden Kleid trägt sie ein Korsett. Der Pelzmantel, der über den Schultern liegt, ist schwarz. Ihr rechter Arm steckt noch im Ärmel.
Ein feiner Goldring mit blauem Stein - farblich passend zum Kleid - befindet sich an ihrem linken Ringfinger. Außerdem kann man auf dem Bild eine goldene Kette erkennen, die um Betty Goldschmidts Hals gelegt ist. Die feinen Goldohrringe mit weißen Steinen ergänzen sich mit dem Spitzenbesatz an Ärmeln und Kragen. Betty Goldschmidt trägt einen Ansteckstrauß mit grünen Blättern und rot-weißen Nelken, der mit den roten Steinen des Armreifes an ihrem linken Handgelenk korrespondiert. Ihre Haut  erscheint hell und zart und die Hände wirken sehr gepflegt. Die Haare sind aus der Stirn nach hinten hochgesteckt, die Ohren liegen dadurch frei. Das Gesicht ist ungeschminkt, man erkennt ihre rosigen Lippen und Wangen. Ihre grün-braunen Augen stechen heraus. Der Blick ist ernst, sie wirkt erhaben und unnahbar. Unten rechts im Bild befindet sich in roter Schrift der Name des Malers. Ein einfacher goldener Rahmen umschließt das Bild. Ihn umgibt ein aufwändiger mit verschlungenen Goldblättern verzierter zweiter Rahmen. Die prunkvolle Rahmengestaltung unterstreicht den würdevollen Charakter der dargestellten Frau.

Das deutsche Kaiserreich (1871 - 1918): Der Mann galt als rational und stark, wogegen mit der Frau Irrationalität, Instabilität und Haltlosigkeit verbunden wurde. Diese Argumentation wurde zur Einführung des Korsetts herangezogen - die Frau wurde nach männlichen Vorstellungen geformt. Das Korsett betonte die weiblichen Formen (breite Hüften, schmale Taille) und reduzierte sie auf ihre Funktion als Frau und Mutter. Die züchtige Kleidung ließ nur den Blick auf nackte Haut in Gesicht und an Händen zu. Nur zu besonderen Anlässen gab es freizügigere Kleidung. Das Recht auf eigene körperliche und geistige Entfaltung wurde der Frau abgesprochen.
Die ersten Modemacher des 19. Jahrhunderts waren bezeichnenderweise Männer.
Die typischen Frauenberufe waren zu der Zeit: Lehrerin und Erzieherin.
 

Historisches Museum Bamberg, Inv Nr. 586
Frau mit Zigarette
Carl Walther, 1926
Öl auf Leinwand, Realismus

Der Hintergrund ist in einem dunklen kräftigen Weinrot gehalten, die Farbgebung wird zu den Ecken hin dunkler.
Die Frau sitzt seitlich, provokativ nach vorne gebeugt und neigt ihren Kopf dem Betrachter zu. Sie hat die Beine übereinander geschlagen, die linke Hand ruht auf dem oberen Knie, der linke Arm wird von einem hellen Schal umspielt. Der andere Arm stützt sich auf das Bein, in der rechten Hand hält sie eine brennende Zigarette. Ihr Blick wirkt herausfordernd und ernst, er ist dem Betrachter zugewandt.
Die unbekannte Frau ist überwiegend in Schwarz gekleidet, die Jacke, unter der sie eine helle Bluse trägt, hat einen Kragen aus weißer Spitze.
An der linken Hand trägt die junge Frau einen goldenen Ring mit einem großen Stein.
Das schmale, feine Gesicht zeichnet sich aus durch den schmalen, zusammengekniffenen Mund und die fein gezupften Augenbrauen über den großen braunen Augen. Die kurzen, braunen, glänzenden Haare sind mit einem Seitenscheitel geteilt und wirken frech und modern.
Das Bild wird von einem einfachen goldenen Rahmen umschlossen, durch das Gold kommen die kräftigen Farben mehr zur Geltung.

Das Bild entstand in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg (1914 - 1918). Die kurzen, knabenhaften Frisuren kamen in Mode und das Korsett wurde endgültig abgeschafft. Frauen konnten sich durch ihre Berufstätigkeit selbst bestimmen und ernähren und waren so nicht mehr abhängig von ihren Familien. Berufstätigkeit wurde meist nach der Eheschließung aufgegeben. Frauen kämpften für ihre Rechte. Die Partnerwahl wurde selbstständig getroffen und war nicht mehr ausschließlich durch die Aussicht auf Versorgung bestimmt. Es gab Aufklärungskampagnen, die über die körperlichen Prozesse, Fortpflanzung und Verhütung informierten. Die Sexualität wurde freier gehandhabt. Die ausgeprägte Freizeitkultur hatte Auswirkungen auf die Mode z. B. den Badeanzug. Das Ende der Kaiserzeit und die Einführung der Demokratie durch die Weimarer Republik bewirkten eine freiheitliche Entwicklung, so wurde z. B. das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Vor dem ersten Weltkrieg wurde für Frauen die Möglichkeit zu studieren eingeführt.

 

Historisches Museum Bamberg, Inv. Nr. 1000

Maria Lerch
Otto Boveri, um 1935
Öl auf Leinwand

Der Hintergrund ist im unteren Teil rot-braun gehalten, einzelne Gegenstände lassen sich nur schwer ausmachen. In der linken oberen Hälfte ist der Faltenwurf eines weißen Vorhanges zu erkennen. Rechts im Bild befindet sich vermutlich eine von der aus Bamberg stammenden Bildhauerin Maria Lerch angefertigte sitzende Frauenskulptur. 
Die Künstlerin steht lässig in der Mitte des Bildes. Ihre rechte Hand steckt in der Tasche des Kleides, der linke Arm ruht auf einem Tisch. Der melancholische Blick verfolgt den Betrachter. Bei der Kleidung handelt es sich vermutlich um ein einteiliges, dunkelblaues, schlichtes Kleid, das die Körperformen nicht betont. Die dargestellte Frau trägt eine Kette um den Hals sowie einen Ring an der linken Hand. Ihre braunen Haare sind kurz und gewellt, sie wirkt ungeschminkt. Die Hautfarbe ist hell, die Hände scheinen sehr gepflegt.
Der schlichte, schwarze Rahmen passt zum Bild.

Die Zeit des Nationalsozialismus brachte Rückschritte in Bezug auf die Emanzipation der Frau mit sich; es kam zur Wiedereinführung des alten Frauenbildes. Die Frau kehrt zurück in den Haushalt zu traditionellen Aufgaben und Lebensbereichen. Frauen trugen nun wieder vermehrt Röcke und die Frau rückte wieder als "Gebärerin" in den Mittelpunkt. Durch Mütterorden und Mütterverdienstkreuze wird ihre Position als Mutter und Frau besonders betont. Der in den 20er Jahren eingeführte Muttertag wurde von den Nationalsozialisten zum nationalen Feiertag erhoben.
 

Historisches Museum Bamberg, Inv. Nr. 912

Frau  im Schalensessel 
Hans Schlereth, 1955-1960
Öl auf Leinwand

Der Hintergrund ist mit großer Pinselführung in rosa Pastellfarben gemalt. Er ist teils verschwommen und verwischt.
Die gemalte Frau sitzt frontal zum Betrachter und ihre Beine sind übereinander geschlagen. Ihr linker Arm liegt auf der Sessellehne und ihr rechter Arm hält das obenliegende Schienbein des linken Beines. Ihre Haltung wirkt gestellt und dadurch angespannt. Doch sie bemüht sich, sich unverkrampft zu geben. Ihr Blick ist ins Leere gerichtet, deshalb sieht man sie als eine unemotionale Puppe. Die Persönlichkeit dringt aufgrund der schönen Fassade nicht zum Betrachter hindurch.
Die Frau in den späten 50ern trägt einen hellblauen, enganliegenden, knielangen Rock, der auf diese neue Mode hinweist. Das schwarze Oberteil hat dreiviertel-lange Ärmel, besteht aus durchbrochenem Material und ist zur rechten Schulter weiter geöffnet.
Es ist kein Schmuck zu erkennen.
Der Mund ist hellrot geschminkt, ihre Augen, die sich von ihrem hellen Hauttyp abheben, ziert ein Lidstrich. Rouge ist ebenfalls erkennbar. Ihre braunen Haare trägt sie locker und kurz; sie reichen bis zum Kinn. Diese  ausgefönte Frisur ist weich ums Gesicht gelegt. Die unbekannte Frau hat einen ernsten Gesichtsausdruck, der wiederum traurig wirkt. Die Frau besitzt gepflegte Hände.
Der Rahmen besteht aus weiß lackiertem Holz. Er harmoniert mit den Pastelltönen im Bildhintergrund. Leichte Verzierungen wurden eingeritzt.

"Während der kälteren Monate sollten Sie für ihn ein Kaminfeuer zum Entspannen vorbereiten. Ihr Mann wird fühlen, dass er in seinem Zuhause eine Insel der Ruhe und Ordnung hat, was auch Sie beflügeln wird. Letztendlich wird es Sie unglaublich zufrieden stellen, für sein Wohlergehen zu sorgen." (Das Handbuch für die gute Ehefrau, in: Houskeeping Monthly, 13. Mai 1955)
Nach dem 2. Weltkrieg (1939 - 1945) bestimmten die althergebrachten Rollenklischees wieder das Zusammenleben beider Geschlechter. Der Mann bestimmte zu dieser Zeit die Ehe und stand so im Zentrum dieses Bundes. Er bestimmte, ob die Frau eine Arbeitstätigkeit aufnehmen durfte. Erst in den 60ern wurde die Pille eingeführt, die den Frauen sexuelle Selbstbestimmung schenkte.